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Wie geht es den Leibniz-Forscherinnen und -Forschern inmitten der Corona-Krise? Wie kommen sie im Homeoffice und mit dem völlig neuen Alltag klar? Wir haben sie gefragt, was sich für sie durch Corona geändert hat, welche Strategien sie für das Leben mit dem Virus entwickelt haben – und auf was sie sich für die Zeit nach der Pandemie schon jetzt wieder freuen. Dieses Mal haben wir unseren Corona-Fragebogen nach Berlin geschickt: an den Politikwissenschaftler Ilyas Saliba.

Herr Saliba, wo treffen wir Sie mit unserem Fragebogen an?

Seit 6. März bin ich im Homeoffice in unserer Wohnung in Berlin-Neukölln, meistens mit meiner Partnerin, die im Auswärtigen Amt arbeitet und momentan auch nur selten ins Büro geht.

Was kann man sich momentan gut im Internet anschauen?

Dank des Onlineangebots der Schaubühne Berlin kann ich endlich die Aufführungen sehen, für die ich bisher nie Tickets bekommen habe – zum Beispiel »Richard III« mit Lars Eidinger oder »LENIN« von Milo Rau. Außerdem habe ich gerade die Netflix-Serie »Unorthodox« geschaut, die ich sehr berührend und spannend fand.

Was lesen Sie aktuell?

Zuletzt habe ich das Buch »Ich komm auf Deutschland zu« des syrischen Filmemachers Firas Alshater gelesen und dabei gelacht und geweint. Sein ungeschönter und humorvoller Blick auf uns Deutsche ist unbedingt empfehlenswert!

Mit Buch auf dem Sofa.

Wie halten Sie sich zu Hause fit?

Mit den Nachbarn der angrenzenden Wohnhäuser machen wir seit einigen Wochen morgens gemeinsam Zirkeltraining über drei Hinterhöfe hinweg – mit ausreichend Abstand, versteht sich. Und samstags treffen wir uns zum Yoga. Manchmal spielen wir auch Federball über die Gartenhecke oder ich drehe am Abend ein paar Runden mit dem Rad um das Tempelhofer Feld. Am Wochenende fahre ich häufig ins Berliner Umland, mit dem Rad oder zum Wandern (so gut das im Flachland eben geht).

Blick in den sonnigen Innenhof, wo viele Leute Yoga machen.

Was kochen Sie derzeit gerne?

Ich versuche, die Zeit zu nutzen, um mein Repertoire an Herd und Ofen zu erweitern. Einmal pro Woche wird gebacken, Brot oder Kuchen. Und jeden Sonntag erstellen meine Freundin und ich mit Hilfe unserer Kochbücher einen Wochenplan, um regelmäßig neue Dinge auszuprobieren. Meine Favoriten bisher: Wildschweinfilet auf Bratensauce mit Radicchio und gemischten Pilzen, gefolgt von selbstgemachter Sauerteigpizza und Blumenkohlsteaks.

Gericht mit Wildschweinfilet, Spaghetti und Rote Beete.
Angeschnittener Karottenkuchen mit Glasur.

Was hilft Ihnen, den Lockdown für einen Moment zu vergessen?

Bei mir gilt aktuell: »Balkonien is my castle«. Durch das viele Zuhausesein bin ich zum leidenschaftlichen urban gardener geworden: Obwohl ich bis vor Kurzem nicht gerade einen grünen Daumen hatte, wachsen und sprießen auf unserem großen Balkon inzwischen Tomatenpflanzen, Lauchzwiebeln, Radieschen, Mangold, Zuckerschoten, Himbeeren, Erdbeeren, Blaubeeren und zahlreiche Kräuter und Blumen.

Kästen mit Erde.
Tomatenpflanze.

Eine Gewohnheit, die Sie entwickelt oder wiederentdeckt haben? Und eine, auf die Sie gerade verzichten müssen?

Morgendliches Meditieren ist eine Gewohnheit, die ich gerade wieder regelmäßiger mache. Das abendliche Bierchen mit Freunden und Kolleginnen bleibt dagegen leider auf der Strecke. Ebenso wie Konzerte, Clubbesuche und Festivals. Um das Tanzen nicht ganz zu verlernen, nutze ich das tolle Angebot von united we stream und unterstütze durch Spenden die Berliner Clubkultur.

Arbeitsplatte mit Obst, Messer, Brett, Knoblauch, einer Box und einem DJ, der auf einem iPad zu sehen ist.

Was haben Sie sich für die Krise vorgenommen?

Ich würde gern mit meiner Dissertation vorankommen. Allerdings versuche ich, mir selbst nicht zu viel Druck zu machen. Die momentane Situation ist für uns alle schon Herausforderung genug.

Wann waren Sie zuletzt vor der Tür – und wo?

Heute Nachmittag: Tischtennis spielen am Böhmischen Platz und anschließend ein Eis in der Sonne essen.

Ihr Held in der Krise?

Die Helden und Heldinnen in der Krise sind für mich vor allem das medizinische Personal, Lehrer*innen, Zusteller*innen, Kindergärtner*innen und Kassierer*innen, Landwirte und natürlich alle, die eben nicht so einfach wie viele Wissenschaftler*innen von zuhause arbeiten können. Ich bewundere außerdem meinen Vater, der mit allen Mitteln versucht, die Jobs und Gehälter seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Gastronomiebetrieb in Hamburg zu sichern und sich dabei Sorgen um jeden einzelnen macht.

Ein positiver Effekt der Krise?

Den Umgang mit virtuellen Meetings, Workshops und Konferenzen gelernt zu haben! In den letzten Wochen habe ich an Online-Fortbildungsmaßnahmen zur Hochschullehre und Moderation für unterschiedliche virtuelle Plattformen wie Zoom, Jit.si und Whatsapp teilgenommen, um für die kommenden Monate gerüstet zu sein. Meinen ersten Onlinevortrag habe ich auch bereits gehalten und war positiv überrascht von den Möglichkeiten der Interaktion und Diskussion. Hoffentlich bleiben gewählte Heimarbeit und Teilnahme an Konferenzen und Meetings via Schalte auch in der Zukunft normal. Damit reduzieren wir Reisen und bauen Barrieren ab.

Bildschirm mit der Präsentation eines Vortrags per Video-Konferenz.

Ein guter Satz, den Sie kürzlich gelesen oder gehört haben?

You are not working from home, you are at your home during a crisis, trying to work.

Was gibt Ihnen Hoffnung?

Die bewundernswerte und starke Nachbarschaftssolidarität in unserem Kiez.

Worauf freuen Sie sich nach Ende der Krise am meisten?

Gemeinsam mit Freunden tanzen zu gehen und wieder Wasserball zu spielen!

ILYAS SALIBA

ist Politikwissenschaftler und arbeitet am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. In der Forschungsabteilung „Demokratie und Demokratisierung“ des Leibniz-Instituts beschäftigt er sich mit autoritären Regimen in Krisen und der Demokratisierung im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings. Sein Fokus liegt dabei auf Ägypten, Marokko und Tunesien. Saliba forscht außerdem zur Messung von Wissenschaftsfreiheit und dazu, wie sicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrer Feldforschung sind.

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