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Schon mein halbes Leben erforsche ich die Tüpfelhyänen im Serengeti-Nationalpark. Die Tiere haben einen schlechten Ruf. Zu Unrecht. Ich kenne kein Raubtier, das in so komplexen Sozialstrukturen lebt: Das Rudel wird von einem Alpha-Weibchen beherrscht, es gibt eine strenge Hierarchie. Alle Männchen stehen im Rang noch unter dem untersten Weibchen und zeigen untereinander keinerlei Aggression.

Faszinierend ist auch die Kommunikation der Tüpfelhyänen über Düfte. Jede hat ein individuelles Parfüm, das zugleich signalisiert, zu welchem Clan sie gehört. Um sie in ihrer natürlichen Umgebung zu erforschen, reise ich jedes Jahr mehrere Wochen in die Savanne. Unser Ziel ist es, das Sozialverhalten der Hyänen zu verstehen, den Einfluss von Viren und Parasiten auf freilebende Wildtierpopulationen zu untersuchen und zu analysieren, welche Auswirkungen der Mensch auf die Lebensweise der Tiere hat. Wir wollen auch Tansanias Regierung auf die ökologische Bedeutung dieser Schlüsselart aufmerksam machen.

An einem typischen Arbeitstag stehe ich vor Sonnenaufgang auf und beobachte die Hyänen bei der Aufzucht, der Paarung, beim Spielen und beim Jagen. Ich unterscheide die mehreren hundert Tiere an ihrer Tüpfelung, Narben und anderen Auffälligkeiten. Mittags legen sie sich schlafen und ich kann mich im Camp um andere Dinge kümmern. Dann repariere ich zum Beispiel den Wassertank, wenn sich die Elefanten mal wieder darüber hergemacht haben.

Zwischen vier und acht Uhr bin ich wieder bei den Hyänen. Weil sie in großen Clans mit 80 bis 100 Individuen leben, sammeln wir fürchterlich viele Daten an so einem Tag im Feld. Routinemäßig erfassen wir Informationen zu den Familienverflechtungen, zu Krankheiten und zur Rangordnung. Bei den Jungtieren suchen wir auch nach Kot-Proben, um ihre Väter bestimmen zu können.

Eigentlich bin ich Ornithologin. 1987 bekam ich durch Zufall die Möglichkeit, das Hyänen-Projekt zu starten. Mittlerweile habe ich sechs Generationen begleitet. Ich kenne die Urururgroßeltern der Hyänenkinder von heute.

MARION EAST ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin.

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