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Als das Dengue-Fieber ausbrach, war ich noch ein Kind. Ich lebte mit meinen Eltern in Singapur und erlebte zwei große Epidemien dieser Fieberkrankheit hautnah mit. Ich war neugierig, woher die Infektionskrankheit kommt und wie sie sich verbreitet, und so fragte ich wissbegierig bei meinen Eltern nach. Die Antwort versetzte mich in Staunen, denn das Dengue-Fieber wird durch Mückenstiche übertragen. Tatsächlich waren also winzige Stechmücken für die Übertragung dieser gefährlichen Viruserkrankung verantwortlich?

Dieses Kräfteverhältnis weckte schon früh mein Interesse für mein heutiges Forschungsfeld. Ich entschied mich zunächst für ein grundlegendes Biologie-Studium, suchte aber auch hier die Nähe zu den Zweiflüglern. Für meine Bachelorarbeit testete ich Mückensprays, indem ich meinen Arm damit einsprühte und in einen Mückenkäfig hielt – alles für die Forschung!

Nach dem Masterstudium der Virologie promovierte ich an der Uni Hamburg und bin mittlerweile Postdoktorandin am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Dort forsche ich an einem Lebendimpfstoff gegen das Chikungunya-Virus, das – wie das Dengue-Virus – von der Asiatischen Tigermücke übertragen wird. Bis heute haben es mir Mücken und von ihnen übertragene Krankheiten also angetan.

Wenn die Mücke sich verbreitet, ist das ein Problem, weil es für das Chikungunya-Fieber weder Therapie noch Impfstoff gibt.

MAYKE LEGGEWIE

NILS FRENZEL
ist Schüler der 60. Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule. Vorher studierte er Germanistik, Philosophie und Medienwissenschaften und tritt mit humoristischen Kurzgeschichten immer wieder bei Poetry Slams auf.

Wie gefährlich das Chikungunya-Virus ist? Das gleichnamige Chikungunya-Fieber weist eine geringe Mortalität auf, es sterben also nicht allzu viele Menschen daran, aber die Symptome können auch nach der Genesung sehr stark und schmerzhaft sein. Denn das Virus befällt unter anderem die Gelenke, was zu einer Arthritis führen kann. Die Mobilität wird eingeschränkt, Greifen und ähnliche Bewegungen sind nur noch unter starken Schmerzen möglich.

Die asiatische Tigermücke ist ursprünglich nicht in Deutschland beheimatet, sondern kommt, wie der Name schon sagt, aus dem asiatischen Raum, ist also in tropischen und subtropischen Regionen beheimatet. Allerdings passt sich die Tigermücke erfolgreich kühleren Regionen an und überwintert in gemäßigten Klimaregionen.

Seit einigen Jahren breitet sich die Mücke somit auch bei uns immer weiter aus. Diese Ausbreitung im klimatisch eher kühlen Deutschland hat unter anderem einen banalen Grund: Altreifen. In Altreifen von Autos und Lastwagen findet die Tigermücke einen windgeschützten Unterschlupf, um ihre Eier zu legen. Im Freien gelagerte Altreifen sind als Regenwasserreservoir geeignete Eiablagestellen für die Asiatische Tigermücke. Oft werden Eier oder Larven zusammen mit den Reifen in andere Länder exportiert. Weil die Reifen draußen gelagert werden, sammeln sich in der Rundung Pfützen. Da legt die Mücke ihre Eier rein. Trocknet die Pfütze aus, ist das für die Eier kein Problem. Die Reifen werden in andere Regionen importiert und hier dann wieder draußen gelagert: Und der nächste Regen ist für die Mückenlarven dann das Signal zum Ausschlüpfen. 2014 wurde eine kleinere Population in Freiburg entdeckt, 2015 eine größere in Heidelberg. Neben Baden-Württemberg kommt die Art mittlerweile auch in Thüringen vor. Wenn die Mücke sich verbreitet, ist das ein Problem, weil es für das Chikungunya-Fieber weder Therapie noch Impfstoff gibt. Und auch die Entwicklung eines Impfstoffes durch meine Forschungsarbeit wird noch dauern – momentan befinden wir uns hier noch in der Anfangsphase. Um ehrlich zu sein, rechne ich in absehbarer Zeit nicht mit einem Impfstoff, denn bisher haben wir nur eine Idee davon, wie er grob funktionieren könnte.

»DJS trifft Leibniz«

Der Text über Mayke Leggewies Forschung ist im Rahmen des Workshopformats »DJS trifft Leibniz« entstanden, das wir seit Anfang 2021 regelmäßig mit der Deutschen Journalistenschule organisieren. Die Idee ist einfach: 15 Journalistenschülerinnen und -schüler – eine Klasse der DJS – treffen auf 15 junge Forschende von Leibniz-Instituten. Gemeinsam üben sie Interviewsituationen: Wie bereitet man ein Interview mit einer Wissenschaftlerin vor? Wie erzählt man Journalisten so von seiner Forschung, dass keine Missverständnisse entstehen? Wie tickt die jeweils andere Seite? Außerdem diskutieren sie mit renommierten Wissenschaftlerinnen und werten die Interviews mit erfahrenen Wissenschaftsjournalisten aus. Am Ende landen die Texte in unserem Onlinemagazin – wo ihr sie ab sofort regelmäßig in der Rubrik »Die Welt in 10 Jahren« lesen könnt.

Ganz konkret läuft unsere Suche so ab, dass wir in unserem Labor am Institut verschiedene Impfstoffkandidaten gegen das Chikungunya-Virus herstellen und vervielfältigen. Im Anschluss werden sie getestet. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Entwicklung einer Immunreaktion. Diese Immunreaktion ist wichtig, denn wir müssen sehr genau darauf achten, dass der Impfstoffkandidat nicht die Krankheit auslösen kann, sondern nur das Immunsystem aktiviert. Meine Kollegen und ich bearbeiten viele verschiedene Themen, die sich alle darum drehen, die Interaktion von Viren und Mücken besser zu verstehen und Ideen zu entwickeln, wie man diese Viren besser kontrollieren kann. Auch wenn sich die Tigermücke in Europa weiter ausbreitet – wir arbeiten daran, dass die Virus-Erkrankungen ihr nicht folgen können.

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