Wasser ist nicht nur das chemische Element H2O
Das Hauptgebäude des GIGA in Hamburg liegt direkt gegenüber der Binnenalster, man kann von vielen Fenstern direkt auf die Fontäne in der Mitte schauen – oder im Dezember auf den dort platzierten Weihnachtsbaum. Auch die Außenalster ist gleich nebenan. Im Sommer ist sie voller Segelboote, Stand-Up Paddler und Rudermannschaften, im Winter manchmal so dick vereist, dass dort das Alstervergnügen
stattfindet, eine Art Volksfest auf dem Eis. Das Thema Wasser bestimmt auch inhaltlich meinen Arbeitsalltag. Ich komme aus der Umweltkonfliktforschung und habe meine Dissertation über den israelisch-palästinensischen Wasserkonflikt geschrieben. Seit einigen Jahren arbeite ich zu Flucht und Migration im Kontext von politischen und ökologischen Krisen, und auch hier spielt die Verfügbarkeit von Wasser, der Einfluss des Klimawandels darauf, und seine Politisierung immer wieder eine Rolle. Wasser ist ja nicht nur das chemische Element H2O, sondern eine Ressource, ohne die Leben auf diesem Planeten nicht möglich wäre – da sind Konflikte vorprogrammiert.
Mein Arbeitsweg führt an einem der vielen Zuflüsse auf die Alster zu und dann an ihr entlang. Ich finde es erstaunlich, dass dieser Fluss, egal zu welcher Jahreszeit und bei welchem Wetter, immer andere, jedoch immer schöne Ausblicke bietet. Es ist ein Luxus, in der Pause einfach am Wasser spazieren gehen oder ein Eis essen zu können – am GIGA ist das eine oft praktizierte Tradition, die den Kopf für das nächste Meeting oder den nächsten Text frei machen kann. Betriebsausflüge auf dem Wasser gab es natürlich auch schon, und einige Kolleginnen und Kollegen schauen sich jedes Jahr das Hamburger Kirschblütenfest vom Wasser aus an. In meiner Freizeit bin ich aber am allerliebsten auf dem Wasser, früher mit der Rudermannschaft, heute eher im gemieteten Kajak oder auf dem SUP.
CHRISTIANE FRÖHLICH ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am German Institute for Global and Area Studies/Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg.
Ein, zwei kommen mit dem Kajak zur Arbeit
Seit Anfang 2020 leite ich das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei als Wissenschaftlicher Direktor. Ich bin überzeugt, dass es von zentraler Bedeutung ist, die biologische Vielfalt zu erforschen, ihr Ent- und Bestehen zu begreifen und ihre wichtige Rolle für das Funktionieren von Ökosystemen sowie deren Leistungen für uns Menschen sichtbar zu machen. Mein liebstes Forschungsobjekt sind Wasserflöhe: Daphnien eignen sich dank sogenannter Dauerstadien gut für die Erforschung evolutionärer Prozesse. Rein theoretisch könnte ich sie direkt vor der Bürotür in freier Wildbahn beobachten. Denn unser Hauptgebäude liegt – seit 1893! – an Berlins größtem See, dem Müggelsee. Durch die Bäume hindurch kann ich von meinem Büro aus unsere Forschungs- und Messstation erahnen, die etwa 300 Meter vom Nordufer des Sees entfernt liegt. Hier werden in regelmäßigen Abständen Werte aus dem Seewasser und aus der Luft aufgezeichnet. Diese Langzeitdatenreihen nutzen wir, um zum Beispiel die Folgen des Klimawandels untersuchen und abschätzen zu können.
Die Nähe zum Wasser ist nicht nur gut für unsere wissenschaftliche Arbeit, sondern erwartungsgemäß auch für die Stimmung: Die IGB-Kolleginnen und -kollegen sind jedenfalls nicht wasserscheu und wissen ihre rauchenden Köpfe abzukühlen, auch im Winter. Ein paar von ihnen haben sogar das Glück, in Wassernähe zu wohnen, und kommen mit dem Kajak zur Arbeit. In den Mittagspausen sind die Plätze direkt am Wasser immer voll, etwa hinter dem Bootshaus mit unserem Forschungsschiff. Und jetzt, in der Pandemie, bin ich über unsere großzügigen Gärten besonders froh: sie ermöglichen uns Besprechungen im Freien.
LUC DE MEESTER ist Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Neben dem Hauptgebäude am Müggelsee hat das Institut weitere „nasse“ Standorte: einen am Stechlinsee in Brandenburg und einen zweiten in Berlin-Friedrichshagen in einem ehemaligen Wasserwerk.
Das Meer ist ein Fixpunkt in meinem Leben
Das Institut für Weltwirtschaft liegt direkt an der Ostsee. Ich genieße den Luxus, von meinem Büro auf den Ausgang der Kieler Förde zu schauen. Eingerahmt durch den Friedrichsorter Leuchtturm und das Ehrenmal in Laboe sehe ich sowohl die in den Nord-Ostseekanal ausfahrenden, als auch die in den Kieler Hafen einfahrenden Schiffe. Zum maritimen Panorama passt meine Forschung: Ich untersuche, wie man nachhaltige Entwicklung im Kontext von Ziel 14 der 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele — Leben unter Wasser
— messen kann. Das Meer ist in der Lage, menschengemachtes Kohlendioxid zu binden, und ich analysiere, welche Möglichkeiten zur Erhöhung der marinen CO2-Aufnahme ökonomisch sinnvoll sind.
Auch privat ist das Meer ein Fixpunkt in meinem Leben — nicht nur in sportlicher Hinsicht, weil ich Wellenreiten und Windsurfen als Hobbies nennen darf. Wellenreiten natürlich dann lieber in der Nordsee, aber mit dem richtigen Wind gibt es auch in der Ostsee ganz gute Bedingungen. An den Stränden rund um Kiel verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie, genieße es aber auch mal, alleine am Meer zu sein und meine Gedanken zu sortieren. Wie essentiell die Nähe zum Meer für mein Leben und Wohlbefinden ist, spüre ich immer besonders, wenn ich für Konferenzen oder andere Aktivitäten im Binnenland weile. Dann merke ich, wie sehr mir das Meer, die Küste und die Leute hier fehlen. Und natürlich spielt das Meer auch im Kollegenkreis eine Rolle, bei der Pausen- und Feierabendgestaltung. Ganz norddeutsch machen wir daraus aber kein großes Gehampel—man trifft sich halt am Wasser.
WILFRIED RICKELS leitet das Forschungszentrum „Global Commons und Klimapolitik“ am Kieler Institut für Weltwirtschaft.