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Ich war schon immer viel im Internet unterwegs. Und als in den frühen 2000er Jahren Seiten wie Wikipedia groß wurden, war ich erstmal begeistert: Wissen war nun nicht mehr nur Akademikern vorbehalten, sondern für alle zugänglich, mit ein paar Klicks. Relativ schnell merkte ich jedoch, dass es da ein Problem gibt: Die Qualität der Informationen unterliegt keinerlei Kontrolle und eigentlich kann jeder alles verbreiten. Trotzdem hinterfragen viele Menschen widersprüchliche Informationen nicht, wenn sie gut aufbereitet sind.

Andere lehnen das Internet als Quelle grundsätzlich ab. Mit der Wissenschaft ist es ganz ähnlich. Jeder von uns denkt in einer bestimmten Weise über sie. Die einen glauben, dass sie unwiderlegbare Fakten liefere. Die anderen, dass Forschung nur Meinungen widerspiegele und daher rein subjektiv sei. Wiederum andere haben differenziertere Überzeugungen.

Solche individuellen Vorstellungen, wie man Wissen erlangt und bewertet, nennt man »epistemische Überzeugungen«. In unserer Forschung untersuchen wir, wie man Menschen dazu bewegen kann, ihren Umgang mit Wissen zu reflektieren. Dabei geht es nicht darum, bestimmte inhaltliche Standpunkte zu beeinflussen: Ist der Klimawandel menschengemacht? Ist das Glas Rotwein wirklich gesund? Wir möchten eher eine Art Hilfe zur Selbsthilfe entwickeln: Wie bringt man Menschen dazu, kritisch an wissenschaftliche Erkenntnisse heranzugehen? Wie fördert man, dass sie fragwürdige Informationen erkennen und vertrauenswürdigen Informationen Glauben schenken?

Wir legen unseren Probanden zum Beispiel zwei Studien vor, die augenscheinlich zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Die eine Studie besagt: Mädchen werden in der Schule benachteiligt. Die andere: Benachteiligt werden die Jungen. Die Krux ist, dass beide Befunde »richtig« sind — sie beziehen sich lediglich auf unterschiedliche Unterrichtsfächer. Wissenschaft ist nun mal nicht immer eindeutig. Und auch als Nicht-Wissenschaftler sollte man im digitalen Zeitalter differenziert mit diesen Widersprüchen umgehen können.

TOM ROSMAN ist Stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs »Forschungsliteralität« am Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation in Trier.

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