leibniz

Damals klang es wie ein kühnes Versprechen: Menschen mit ihrem eigenen Immunsystem von Krebs heilen! Als ich 1996 anfing, daran zu forschen, wie es sich einlösen ließe, widmeten sich nur wenige Wissenschaftler der Immun­therapie. Die Grundidee: Patienten werden zum Beispiel T­-Zellen entnommen und im Labor modifiziert, bevor man sie ihnen wieder injiziert, um Krebszel­len besser zu erkennen und zu bekämpfen.

Mich faszinierte, wie effektiv die Immuntherapie sein kann: Am Nationalen Krebsinstitut der USA, an dem ich einige Jahre später forschte, sah ich das Bild einer Computertomografie von einem Patienten mit Hautkrebs. Seine Leber war voller Metastasen, aus mei­ner bisherigen Erfahrung hätte ich ihm nur wenige Monate zu leben gegeben. Als ich ihn nach der Immuntherapie traf, waren die Metastasen verschwun­den. Er hatte sogar an einem Skilanglauf­-Wettbewerb teilgenommen.

Auch wenn Ärzte bei der Behandlung von Krankheiten wie Blut­ oder Lymphdrüsenkrebs immer stärker auf die Kraft des Immunsystems setzen – wir stehen noch vor einigen Hürden. In der Forschung muss man oft seine Hypothesen ändern oder die technischen Details anpassen. Das ist aber normal, wenn man die Versuche seiner Kollegen nicht nur reproduziert, sondern sich ins Unbekannte vorwagt. Auf diese Art fand ich zum Beispiel heraus, dass ausge­rechnet die T­-Zellen, die im Labor am effizientesten Krebszellen eliminieren, im lebenden Organismus am wenigsten wirksam sind. Am besten arbeiten hingegen T-Zellen, die sich wie Stammzellen verhalten – sie reproduzieren sich selbst und erzeugen spezialisierte Killerzellen, wenn sie im Körper auf Tumorgewebe treffen.

Aus den USA bin ich gerade nach Deutschland gewech­selt. Hier möchte ich mit meiner Forschung einen Schritt weiter in Richtung Anwendung gehen. Noch kämpfe ich mit der Bürokratie. In ein paar Jahren möchten wir am Institut aber in klinischen Studien überprüfen, wie wirksam unsere Immuntherapien sind.


LUCA GATTINONI ist Onkologe und leitet die Abteilung für Funktionelle Immunzell-Modulation am Regensburger Leibniz-Institut für Immuntherapie.

Vielleicht auch interessant?