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Im Epilog verkehren wir den Schwerpunkt »Genuss« in sein Gegenteil. Weitere Epiloge finden Sie hier.

Normalerweise empfinden wir Essen als Genuss. Die Evolution hat uns geprägt, zu essen, wann immer wir essen können — schließlich wussten unsere Vorfahren nie, wie lange die nächste Hungerperiode währt. Der Körper hat deshalb ein mächtiges Belohnungssystem ausgebildet. Mit jeder Mahlzeit schüttet unser Gehirn Hormone aus, darunter Dopamin. Wir fühlen uns glücklich und befreit. Ein Gefühl, das wir immer wieder verspüren wollen.

Doch manchmal gerät dieses Belohnungssystem durcheinander. Menschen, die unter Anorexia nervosa leiden, genießen nicht das Essen, sie bevorzugen den Verzicht. Bei ihnen tritt das Hungern an die Stelle der Nahrungsaufnahme, sie werden süchtig danach, abzumagern. Magersüchtig. Und nehmen selbst gar nicht wahr, wie dünn sie schon sind. Forscher haben Patienten Silhouetten unterernährter Frauen vorgelegt und festgestellt, dass ihr Belohnungssystem allein beim Betrachten dieser Bilder seine Aktivität verstärkte.

Andere Kollegen erforschten die Krankheit bei Mäusen. Sie gaben ihnen zu wenig Futter, außerdem stellten sie ihnen ein Laufrad in den Käfig. Die Tiere hatten ein großes Energiedefizit und wurden nicht zu Aktivität gezwungen — trotzdem nutzten sie das Laufrad exzessiv und nahmen immer weiter ab. Auch beim Menschen ist das ein typisches Muster der Anorexie. Es zeigt uns, dass die Patienten den Verzicht, die Selbstgeißelung und die Gewichtsabnahme als belohnend empfinden können. Was aber steckt hinter Anorexia nervosa? Wo liegen die Ursachen der Veränderung des Belohnungssystems? Das verstehen wir noch nicht völlig, denn die Magersucht ist eine schreckliche wie komplexe Krankheit.

Neben molekularen spielen auch psychosoziale Faktoren eine Rolle: gesellschaftliche Schönheitsideale, ein Hang zum Perfektionismus oder ein erhöhtes Angstgefühl. Auch andere Essstörungen verändern das Belohnungssystem. Übergewichtige etwa schütten weniger Dopamin aus und essen mehr, um Befriedigung zu fühlen. Eine zentrale Rolle spielt auch das Insulin, das unser Empfinden reguliert und signalisiert, wenn wir genug gegessen haben. Wer sehr zucker- oder fetthaltig isst, kann insulinresistent und anfälliger für depressive Erkrankungen werden. Wir suchen deshalb Nahrungskomponenten, die beides können: die Insulinsensitivität erhalten und uns satt und glücklich machen.

ANDRÉ KLEINRIDDERS leitet am Deutschen Institut für Ernährungsforschung die Nachwuchsgruppe »Zentrale Regulation des Stoffwechsels«. Den Leibniz-Wissenschaftler interessiert dabei vor allem, wie Insulin und andere Hormone unser Essverhalten steuern.

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