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Im Epilog verkehren wir den Schwerpunkt »Erbe« in sein Gegenteil. Weitere Epiloge finden Sie hier.

Es ist ein allgegenwärtiges Erbe. Tüten, die in der Atmosphäre schweben, Kanister und Bauteile, die in Meeresströmungen zirkulieren; hinzu kommt die schier unendliche Masse von Mikropartikeln in Böden, Flüssen, Trinkwasser. Wir überschwemmen unsere Erde mit Plastik. Die Folgen unseres Verhaltens für die Umwelt können wir noch gar nicht abschätzen. Wir wissen nur: Dieses Erbe werden wir lange mit uns herumtragen. Denn Plastik ist ein beständiger Werkstoff. Bis seine Grundbausteine, die Polymere, zersetzt sind, können Jahrhunderte vergehen.

Wir erforschen eine Alternative: Biopolymere. Anders als herkömmliche Polymere werden sie nicht aus Erdöl gewonnen, sondern von Pflanzen und Mikroorganismen synthetisiert. Viele Bakterienarten nutzen Polymere als Depots für überschüssigen Kohlenstoff. Wenn sie später Energie benötigen, zerlegen Enzyme die Polymere wieder in ihre Einzelteile. Biopolymere werden also nicht nur biologisch gebildet, sie sind auch biologisch abbaubar.

Im Labor arbeiten wir mit genetisch veränderten Escherichia coli-Bakterien. Wir füttern sie mit Zucker und einem Alkohol, dessen Moleküle sich zu langen Ketten verbinden. Je länger eine Kette ist, desto fester wird das Polymer, kurze Ketten machen es biegsam. In der Natur variiert die Länge dieser Ketten ständig, aber mit unseren E. coli-Bakterien können wir sie genau definieren: Jede Charge entspricht der nächsten. Um die Biopolymere zu ernten, brechen wir die Bakterienzellen auf und reinigen sie. Am Ende haben wir winzige Plastikkügelchen, die man zu Folien, Verpackungen und anderen Dingen verarbeiten kann. Doch noch können Biopolymere auf dem Markt nicht mithalten, weil sie teurer als erdölbasierte Kunststoffe sind.

Die Forschung sucht deshalb nach Mikroorganismen, die Polymere aus landwirtschaftlichen Abfällen herstellen können. Außerdem müsste die Politik klare Vorgaben machen: Alles, was in die Umwelt gelangen könnte, muss biologisch abbaubar sein. In einigen Bereichen setzen sich Biopolymere schon heute durch. Für die Medizin werden sie zum Beispiel zu Fäden oder Netzen verarbeitet, die sich nach einer Weile selbst auflösen. Diese Netze stützen schwaches Körpergewebe, das sie umwächst und sich langsam festigen kann. Gleichzeitig beginnen die Zellen, die Biopolymere zu verdauen. Wenn die Verletzung verheilt ist, sind sie verschwunden. Nichts bleibt zurück.

MIRIAM ROSENBAUM leitet das »Biotechnikum« am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie — Hans-Knöll-Institut in Jena.

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