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Im Epilog verkehren wir den Schwerpunkt »Bewegung« in sein Gegenteil. Weitere Epiloge finden Sie hier.

Schon mit rund 30 Jahren nimmt der Rückgang unserer Leistungsfähigkeit seinen Anfang. Unsere Knochen werden stetig steifer, unser Muskelwachstum nimmt ab, wir denken immer langsamer und auch unser Kurzzeitgedächtnis wird schlechter. Beeinflusst werden diese Abbauprozesse von Umwelteinflüssen, aber auch von unserem ganz eigenen Lebensstil: Wer riskant lebt, also zum Beispiel viel raucht, sich ungesund ernährt und keinen Sport treibt, beschleunigt den Alterungsprozess – und wird noch früher unbeweglich.

Doch es gibt effektive Maßnahmen gegen den altersbedingten Verschleiß: ein gesundes Leben und gezieltes Training.

Viele Menschen betreiben Gehirnjogging, um ihre geistige Fitness zu erhalten und zu verbessern. Sie lösen beispielsweise Sudoku-Rätsel oder lernen eine neue Sprache. Und tatsächlich tut beides der geistigen Beweglichkeit gut. Noch effektiver ist ein vorbeugendes Training gegen altersbedingte Veränderungen allerdings, wenn es gleichzeitig Körper, Geist und Seele aktiviert. Denn körperlich-mentale Übungen wie Yoga, ein Tanzkurs oder auch das Erlernen eines Musikinstrumentes können unter anderem unser Kurzzeitgedächtnis und die Körperstabilität langfristig deutlich verbessern. Besonders wirksam sind sie, wenn wir die Trainingsintensität mit der Zeit steigern.

Wer nun also Spanisch lernen oder öfter joggen gehen möchte, sollte das nicht nur alleine tun. Denn für unsere geistige Fitness ist es auch wichtig, Zeit mit anderen Menschen zu verbringen. So bleibt man gesellschaftlich eingebunden – und steigert die soziale Beweglichkeit, weil man auf Lern-, Lauf- und Tanzpartner reagieren muss.

Einen Großteil unseres Lebens verbringen wir mit Arbeit und auch dort gibt es Tätigkeiten, die uns schaden können. Unsere Forschung zeigt, dass vor allem andauernde monotone und eintönige Beschäftigungen mit geringen Handlungsspielräumen unsere kognitiven Fähigkeiten negativ beeinflussen. So schnitten langjährige Fließbandarbeiter etwa bei geistig herausfordernden Tests, bei denen sie sich Dinge merken und flexibel je nach Aufgabe anwenden mussten, deutlich schlechter ab als Kollegen, die nicht ausschließlich am Fließband arbeiteten. Monotone Arbeit geht also mit einer Abnahme der geistigen Flexibilität einher.

Die gute Nachricht: Die Fließbandarbeiter konnten ihre geistige Leistungsfähigkeit wiederbeleben. In einem dreimonatigen Training absolvierten sie mentale Übungen zur Stärkung des Kurzzeitgedächtnisses und des logischen Denkens, zur Erhöhung der Geschwindigkeit kognitiver Prozesse sowie ein Stressbewältigungsprogramm. Sie verbesserten sich dabei so stark, dass sie schließlich das Niveau der Kollegen mit abwechslungsreicheren Tätigkeiten erreichten.

Der optimale Arbeitsplatz ermöglicht daher einen Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten, um Unter- und Überbeanspruchung zu vermeiden. Sinnvoll sind zudem Angebote zur Förderung der geistigen und körperlichen Fitness am Arbeitsplatz, etwa durch Sport oder Kurse zu Stressbewältigung und gesunder Ernährung. Dabei gilt nicht nur für den Körper: Je früher wir mit dem Training beginnen und je länger wir trainieren, desto bessere Effekte lassen sich erzielen. Ähnlich wie bei einem Muskel kann auch unser Gehirn nur trainiert Spitzenleistungen erbringen.

STEPHAN GETZMANN leitet die Vernetzungsgruppe Altern am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. Auf dem Foto am Anfang des Artikels hält er eine Elektrodenkappe in den Händen. Mit ihr hat das Team die Hirnströme der Probanden gemessen, während diese kognitive Aufgaben lösten – und konnte so eine Verbesserung der Hirnleistung durch gezieltes Training beobachten.

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