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Eine Löwin streift durch den Süden der Hauptstadt. Die Behörden sind ihr auf den Fersen. Mit dabei: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin. Wir haben uns mit Institutsdirektor Heribert Hofer über das Tier unterhalten.

UPDATE
Das Interview haben wir am 20. Juli geführt. Stand 21. Juli gehen einige Expertinnen und Experten davon aus, dass es sich bei dem gesichteten Tier nicht um eine Löwin, sondern um ein oder zwei Wildschwein(e) handelt.

LEIBNIZ Herr Hofer, woher kommt der Löwe?

HERIBERT HOFER Das ist die wichtigste Frage. Stand jetzt weiß das niemand. Wir können bereits Zoos und vergleichbare Einrichtungen ausschließen, aber über die genaue Herkunft der Löwin wissen wir nichts. Sicher ist: Irgendwo muss sie herkommen, Löwen fallen nicht einfach vom Himmel.

Wie lange, denken Sie, wird die Suche nach der Löwin andauern?

Das hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab und lässt sich nur schwer einschätzen. Eine wichtige Rolle bei der Ergreifung der Löwin spielt, wie sehr und wie lange das Tier an den Menschen gewöhnt ist; das macht schon einen großen Unterschied.

Besteht eine Gefahr für die Menschen? Wie kann ich mich verhalten, wenn ich auf die Löwin treffe?

Wildtieren ist natürlich grundsätzlich mit Vorsicht zu begegnen – ich denke, das versteht sich von selbst. Man muss aber auch erwähnen, dass Wildtiere in der Regel den Menschen scheuen und erst dann angreifen, wenn sie denken, sich verteidigen zu müssen, das heißt, wenn sie das Gefühl haben, die Kontrolle über die Situation zu verlieren. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie in der Wildnis auf Wanderurlaub sind, etwa in den Rocky Mountains, sollten Sie an Ihrem Rucksack stets ein Glöckchen angebracht haben. Grizzlybären hören dann von weitem Ihre Anwesenheit und nehmen Sie nicht als Gefahr wahr. Wenn Sie den Weg entlangschleichen, würde die Situation ganz anders aussehen.

Heribert Hofer
Heribert Hofer ist Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Foto IZW

Menschen sind nicht im Beuteschema von Löwen.

HERIBERT HOFER

Betrachten Löwen den Menschen als Nahrung?

Nein, Menschen sind nicht im Beuteschema von Löwen. Ganz selten greifen freilebende männliche Löwen, wenn sie vom Rudel ausgestoßen wurden, Menschen an. Aber auch nur, wenn sie inkompetente Jäger sind.

Gab es in der Vergangenheit ähnliche Fälle?

Immer wieder werden illegal erstandene Wildtiere von ihren Besitzern ausgesetzt und in die Freiheit entlassen. Bei Großkatzen wie Löwen ist das aber ausgesprochen selten der Fall, daher schlägt die Causa jetzt auch so hohe Wellen.

Die Polizei erwägt einen Abschuss anstelle einer Betäubung. Welche Gründe gäbe es für einen Abschuss?

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich in jedem Fall vollstes Vertrauen in die örtlichen Einsatzkräfte habe. Tatsächlich ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Betäubungs- und Jagdgewehren die unterschiedliche Reichweite: Ein Betäubungsschuss muss auf 15 bis 20 Metern Distanz gesetzt werden. Mit einem Jagdgewehr kommen Sie locker auf 50, 100 oder mehr Meter.

Wie beteiligt sich das IZW an der Suche?

Natürlich unterstützen wir die Behörden bei der Suche, nicht zuletzt, weil es bei uns im Haus viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die eine Lizenz zum Führen eines Betäubungsgewehrs haben – viele Tierärzte haben das nicht. Ich selber besitze auch so ein Gerät, das habe ich unter anderem in der Serengeti benutzt, wo ich Hyänen und Löwen aus von Wilderern angebrachten Drahtschlingen befreit habe.

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