Theoretisch haben wir noch jede Menge Zeit. Die Sonne, die unser Dasein auf der Erde erst möglich macht, hat gerade einmal die Hälfte ihrer Lebensspanne hinter sich – etwa fünf Milliarden Jahre. Danach wird sie sich zu einem riesigen Stern aufblähen und alles Leben auf der Erde auslöschen. Ob wir als Spezies so lange überleben, ist fraglich. Wenn wir unseren Planeten weiterhin wie eine Müllhalde behandeln, könnte er infolge der Klimakrise schon lange vor dem Ende unseres Zentralgestirns unbewohnbar sein. Wohin sollen wir dann gehen?
Meine internationalen Kollegen und ich haben mittlerweile tausende Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt, sogenannte Exoplaneten. Etwa 50 von ihnen bewegen sich in der habitablen Zone, in der Wasser existieren kann – und möglicherweise auch Leben. Anhand der Größe dieser Planeten können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, ob es sich um einen schweren Gesteinsplaneten oder einen Planeten handelt, der größtenteils aus Gas besteht. Aber wir wissen noch nichts über seine Atmosphäre. Ist sie stabil oder verkocht sie mit der Zeit, weil ihr Heimatstern zu viel Röntgenstrahlung aussendet?
Ich wünsche mir, dass wir eines Tages das Universum bereisen, weil uns unser Forschergeist antreibt und nicht, weil uns ein Katastrophenszenario dazu zwingt. Noch ist es technisch nicht möglich, die Menschheit auf andere Planeten umzusiedeln. Aber es gibt eine Idee, wie wir zumindest einen Blick auf ihre Oberfläche erhaschen könnten: mit einem winzigen Teleskop. Dank eines laserbetriebenen Sonnensegels könnte es in Höchstgeschwindigkeit zu unserem nächsten Nachbarstern reisen – nur wenige Jahrzehnte bräuchte es zu Proxima Centauri
. Einer seiner Planeten liegt in der bewohnbaren Zone. Wie er wohl aussieht? Er könnte in völliger Stille liegen, von Vulkanen übersät oder vollständig von einem Ozean bedeckt sein.
An solchen Theorien zu arbeiten, Fragen zu stellen und innerhalb des eigenen Forscherdaseins auch tatsächlich Antworten darauf zu finden, macht die Astrophysik für mich faszinierend. An der Uni trennen wir dieses intellektuelle Wissen oft von unseren emotional-philosophischen Bestrebungen. Ich finde, wir dürfen viel öfter romantisch sein und sagen: Ich mache Astrophysik und am liebsten möchte ich einmal auf dem Mond stehen.
So weit von der Erde entfernt zu sein, dass man sie als Kugel im Raum schweben sieht – eine schöne Vorstellung. Vielleicht würden wir dann lernen, ihre Kostbarkeit zu schätzen?
KATJA POPPENHÄGER leitet am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam die Abteilung »Sternphysik und stellare Aktivität«.