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Landwirtschaft ernährt uns alle. Doch heute steht sie vor der großen Herausforderung, nachhaltige Anbauweisen zu entwickeln, um die Biodiversität und das natürliche Gleichgewicht des Bodens zu erhalten. Dabei spielen gerade knappe Ressourcen eine große Rolle: Wasser, fruchtbarer Boden, Anbauflächen. 

Am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) untersuche ich deshalb, wie wir Landwirtschaft ökologischer betreiben können und trotzdem hohe und stabile Erträge von den Anbauflächen bekommen. Unsere Labore sind die Felder selbst, die sogenannten Agrarlandschaftslabore. Seit zwei Jahren bin ich wissenschaftliche Koordinatorin des Labors »patchCROP« und dort die zentrale Ansprechpartnerin. Bei mir laufen alle Fäden zusammen, ich bringe das Experiment voran: Von meiner Forschung selbst und der Betreuung unserer Studierenden über die Öffentlichkeitsarbeit und die Zusammenarbeit mit dem Praxispartner, der Komturei Lietzen, bis zum Datenmanagement kümmere ich mich darum, dass wir wertvolle Erkenntnisse aus dem Experiment ziehen und alles nach Plan verläuft.

Mit Robotern wollen wir unsere Felder effektiver bewirtschaften.

KATHRIN GRAHMANN

SARAH KOHLER
ist Schülerin der 60. Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule. Vorher hat sie Politik studiert – und eine Masterarbeit zu Klimaprotesten geschrieben.

Mit unserem Projekt wollen wir Gesellschaft, Politik und Wissenschaft die Grundlagen für vielfältigere Anbausysteme liefern. Das ist notwendig, damit wir in Zukunft nachhaltiger wirtschaften können. Wir wollen ein gesundes Gleichgewicht schaffen, indem wir pestizidarm anbauen und die Ernährungssicherheit mit unserer vielfältigen Anbauweise erhöhen – wovon sowohl der Boden, die Pflanzen und das Klima als auch die Landwirtinnen und Verbrauchern profitieren würden.

Wir wollen Ressourcen schonen, den Anbau ertragreicher machen, mit den Folgen des Klimawandels umgehen. Dafür haben wir unterschiedliche Fruchtfolgen entwickelt, die auf den Boden abgestimmt sind. Wir bauen sehr viele verschiedene, auch weniger genutzte Früchte an, die den Boden nicht einseitig auslaugen und anfällig für Krankheiten machen. Im Winter haben wir Winterweizen, -gerste, -roggen, -raps oder -hafer auf den Feldern wachsen, im Sommer bauen wir Soja, Lupinen, Mais und Sonnenblumen an. Es ist also immer grün bei uns.

Außerdem sind unsere Felder kleiner, denn so können wir viele verschiedene Kulturen nebeneinander anbauen. Das fördert die Biodiversität und beugt Ernteausfällen in großem Stil vor. Wir nennen unsere 30 Felder »Patches« – kleine strukturierte Einheiten, die wie auf einem Schachbrett nebeneinanderliegen. Das jedoch macht es unmöglich, mit herkömmlichen Maschinen aus der konventionellen Landwirtschaft zu arbeiten, da diese auf »größer, schneller, mehr« ausgelegt sind. Um diesem Problem zu begegnen, nutzen wir immer häufiger Agrarrobotik: Mit kleinen und intelligenten Robotern wollen wir unsere Felder effektiver bewirtschaften. Unser Ziel ist es, viele Aufgaben an diese Feldroboter abzugeben. Aktuell haben wir schon einen kleinen Roboter, der eigenständig zwischen den Maispflanzen Unkraut hacken wird, dadurch brauchen wir viel weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, um unerwünschte Beikräuter loszuwerden. In Zukunft sollen die Roboter mehr Fähigkeiten bekommen und wir wollen weitere Robotertypen einsetzen. Wir möchten, dass die Roboter dann eigenständig kranke Pflanzen erkennen und behandeln, gezielt Schadinsekten beseitigen und die Pflanzen beim Wachsen pflegen. Es sollen also auch die Aufgaben, die heute sehr große Maschinen übernehmen, verlagert werden.

»DJS trifft Leibniz«

Der Text übers Feldlabor ist im Rahmen des Workshopformats »DJS trifft Leibniz« entstanden, das wir seit Anfang 2021 regelmäßig mit der Deutschen Journalistenschule organisieren. Die Idee ist einfach: 15 Journalistenschülerinnen und -schüler – eine Klasse der DJS – treffen auf 15 junge Forschende von Leibniz-Instituten. Gemeinsam üben sie Interviewsituationen: Wie bereitet man ein Interview mit einer Wissenschaftlerin vor? Wie erzählt man Journalisten so von seiner Forschung, dass keine Missverständnisse entstehen? Wie tickt die jeweils andere Seite? Außerdem diskutieren sie mit renommierten Wissenschaftlerinnen und werten die Interviews mit erfahrenen Wissenschaftsjournalisten aus. Am Ende landen die Texte in unserem Onlinemagazin – wo ihr sie ab sofort regelmäßig in der Rubrik »Die Welt in 10 Jahren« lesen könnt.

Im Landschaftslabor »patchCROP« probieren wir auf dem Feld all das praktisch aus, was wir vorher auf dem Papier geplant haben. Wir nehmen allerlei Proben und machen Messungen, etwa von der Feuchtigkeit im Boden, der Temperatur, dem Nährstoffgehalt. Denn es ist zentral für meine Arbeit im Landwirtschaftslabor, dass ich mir ein genaues Bild von unseren Pflanzen über und unter der Oberfläche mache, um daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Am Ende wollen wir mit unserem Projekt belegen, dass mehr Vielfalt im Anbau mit der Unterstützung digitaler Technologien dabei hilft, Ressourcen effizient einzusetzen, die Artenvielfalt zu erhalten und den Boden zu schützen, zum Beispiel vor Erosion. Gleichzeitig wollen wir die Erträge der Landwirte stabilisieren, also hohe Ausfälle verhindern und unsere Anbausysteme resilienter machen – mit weniger Pestiziden und Dünger. 

Bisher machen wir vor allem Grundlagenforschung für die Wissenschaft. Doch wir hoffen auf ein offenes Ohr bei der Politik: Diese müsste Anreize für eine Veränderung setzen und zum Beispiel Agrarrobotik fördern. Denn es ist zentral für uns alle, eine nachhaltige Landwirtschaft zu entwickeln und Agrarlandschaften grundlegend umzugestalten. Nicht weniger als unsere zukünftige Ernährung steht auf dem Spiel.

KATHRIN GRAHMANN ist Agrarwissenschaftlerin und wissenschaftliche Koordinatorin des »patchCROP«-Landschaftslabors am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg.

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