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Im Epilog verkehren wir den Schwerpunkt »Vielfalt & Einheit« in sein Gegenteil. Weitere Folgen finden Sie über das Schlagwort »Epilog« am Ende dieses Artikels.

Normalerweise gilt in der Wirtschaft: Ein Monopolist hat die Macht, die Preise zu erhöhen – und nutzt diese auch aus. In der digitalen Welt müssen wir neu auf den Wettbewerb schauen. Weil wir uns kostenfrei durch weite Teile des Internets bewegen, braucht es ein anderes Kriterium als den Preis, um Monopole zu erkennen. Ein Konzept der Freiburger Schule des Ordoliberalismus hilft: Einer ihrer Mitbegründer, der Ökonom Franz Böhm (1895-1977), hat den Wettbewerb als genialstes Entmachtungsinstrument der Geschichte charakterisiert. Und das hat viel mit Vielfalt zu tun: Wenn mir ein Bäcker nicht zusagt, kann ich zum nächsten gehen. Wenn ich Dienste von Facebook und Co. nutze, bleibt mir heutzutage jedoch unter Umständen keine Alternative – ich bin als Verbraucher machtlos. 2015 haben wir mit der Monopolkommission in einem ersten Gutachten speziell auf digitale Märkte geschaut. Und damals gesagt: Der bestehende Rahmen gegen missbräuchlichen Wettbewerb muss verbessert werden, ist aber grundsätzlich passend. Über die Jahre ist es allerdings auf einigen Märkten zu einer Art »Vermachtung« gekommen, bei der wenige Unternehmen weite Teile einer Branche kontrollieren: Um sie zu regulieren, legt man zu Anfang fest, was sie dürfen und was nicht, statt hinterher zu schauen, ob sie sich missbräuchlich verhalten haben. In Deutschland gibt es mittlerweile den Paragrafen 19a im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Jetzt kann das Bundeskartellamt den betreffenden Unternehmen beispielsweise untersagen, an prominenter Stelle Werbung für eigene Angebote zu machen. Auf europäischer Ebene entsteht der Digital Markets Act. Große »Gatekeeper« dürfen etwa Nutzerdaten nicht ohne Zustimmung zwischen Plattformen austauschen. Unser Instrumentenkasten wird also erweitert. Zugleich müssen wir aufpassen, dass wir die Digitalwirtschaft nicht mit zu viel Regulierung ausbremsen. Techkonzerne investieren oft deutlich höhere Summen in Forschung und Entwicklung als Traditionsunternehmen aus anderen Branchen. Diese Erkenntnisse nutzen sie, um in bestehende Märkte hineinzugehen oder neue Märkte zu schaffen. Wenn Amazon in die Logistikbranche drängt oder Digitalfirmen mit Elektroautos in die Autowelt kommen, erhöht das den Innovationsdruck und den Wettbewerb in der Branche. Und bringt uns so auch auf diesen Märkten eine ganz neue Vielfalt.

ACHIM WAMBACH ist Präsident des ZEW — Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Seit 2014 ist er Mitglied der Monopolkommission, eines unabhängigen Beratungsgremiums der Bundesregierung.

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