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Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? In der Rubrik Frag Leibniz können Sie – die Leserinnen und Leser unseres Magazins – aktiv werden. Stellen Sie den Forschenden der Leibniz-Institute Ihre Frage. Wir machen uns auf die Suche nach einer Antwort.

Die Frage dieser Folge lautet: Welche Rolle spielt die Geometrie in der Archäologie?

Die Antwort stammt von Ronald Bockius, Hauptkonservator und Leiter des Kompetenzbereichs Vorgeschichte am Römisch-Germanischen-Zentralmuseum, Leibniz-Institut für Archäologie, und Geoff Carver, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzbereich Pleistozäne und Frühholozäne Archäologie des RGZM.

Geometrie kommt auch in vielen geografischen Anwendungen in der Archäologie zum Einsatz.

RONALD BOCKIUS & GEOFF CARVER

 

 

Eine getöpferte Schale mit mosaikartigem Muster wird innen mit einem feinen Pinsel bemalt.
In einer Ausgrabungsstätte auf einem Feld knien drei Forschende, eine weitere Person bedient ein Nivelliergerät zur Vermessung neben der Vertiefung.

Geometrie kommt in der Archäologie sehr oft zur Anwendung, sie ist aus dieser Wissenschaft nahezu nicht mehr wegzudenken! Um beispielsweise in der klassischen Archäologie einen Tempel zu rekonstruieren, können fehlende Flächen wie Strecken oder Winkel trigonometrisch (die Trigonometrie ist ein Teilgebiet der Geometrie) ermittelt werden. Bei einer Schiffsrekonstruktion und Wrackbemessung wird es ein wenig komplexer: Hier bedient man sich der Integralrechung. 

Ohne Geometrie wäre es uns nicht möglich, Pläne und Karten zu zeichnen oder GPS zu verwenden, um Entdeckungen in der Landschaft zu lokalisieren. Daher kommt Geometrie auch in vielen geografischen Anwendungen in der Archäologie zum Einsatz. Und auch in allen Computergrafiken.

Auf einer abstrakteren Ebene könnte man sagen, dass die Archäologie allgemein innerhalb eines geometrischen Paradigmas operiert: Ein Großteil archäologischer Definitionen ist festgelegt und folgt einem geometrischen Modell, das auf den griechischen Mathematiker Euklid von Alexandria (er lebte und forschte im 3. Jahrhundert vor Christus) zurückgeht und bis ins 17. Jahrhundert Standard für alle wissenschaftlichen Überlegungen war: Mit der euklidischen Geometrie können wir heute 2 + 2 = 4 sagen, weil wir uns alle mehr oder weniger über die Bedeutung von 2, 4, + und = einig sind. Auch wenn es in der realen Welt möglicherweise keine perfekten Dreiecke oder Quadrate gibt, können wir uns darauf einigen, dass ein Dreieck eine dreiseitige Figur ist und ein Quadrat vier gleiche Seiten mit vier rechten Winkeln hat. Oder auch darauf, dass parallele Linien sich nie treffen, weil wir parallel auf diese Weise definiert haben.

In der Archäologie können wir daher auf ähnliche Weise argumentieren, wenn wir uns alle (mehr oder weniger) einig sind, dass der vorliegende Fund eine Handaxt ist, ein Gefäß früher einmal als Topf gedient hat und die ausgehobene Grube eine Beerdigung ist, die vor 6.000 Jahren stattgefunden hat.

Geometrie bildet sozusagen eine Grundlage für das wissenschaftliche Arbeiten in der Archäologie.

STELLEN AUCH SIE IHRE FRAGE!

Wie groß ist der Weltraum? Kann man Dinosaurier zum Leben erwecken? Und wie funktioniert eigentlich unser Denken? Wohl jede und jeder von uns hat schon einmmal die kleineren und größeren Fragen des Lebens gewälzt. In unserer Rubrik »Frag Leibniz« können Sie die Forscherinnen und Forscher der Leibniz-Institute um Antwort bitten. Sie wollen es wissen? Stellen Sie hier Ihre Frage – wir leiten Sie direkt an das passende Institut weiter.

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