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Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? In der Rubrik »Frag Leibniz« können Sie – die Leserinnen und Leser unseres Magazins – aktiv werden. Stellen Sie den Forschenden der Leibniz-Institute Ihre Frage. Wir machen uns für Sie auf die Suche nach einer Antwort.

Die Frage dieser Folge lautet: Kann man anhand der chemischen Zusammensetzung einer Substanz vorhersagen, wie sie riecht?

Die Antwort stammt von Armin Börner, Bereichsleiter für Hydrierungen und Hydroformylierungen am Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock und bis 2020 Professor für organische Chemie an der Universität Rostock. Er ist Autor des Buches »Chemie: Verbindungen fürs Leben« (2019) und »Chemie der Biologie. Basis und Ursprung der Evolution« (2022).

Schon kleinste Änderungen im Riechstoffmolekül führen dazu, dass ein Stoff nicht riecht.

ARMIN BÖRNER

Der Chemiker Armin Börner
Der Chemiker Armin Börner. FOTO LIKAT/Nordlicht

Bei Ihrer Frage sind zwei Aspekte zu berücksichtigen: Erstens, ob eine chemische Verbindung überhaupt riecht und zweitens, wie sie riecht.

Der erste Punkt – die Riechbarkeit – hängt vom »Dampfdruck« der Verbindung ab, also davon, wie leicht die einzelnen Moleküle des Stoffs in die Gasphase wechseln können. Allgemein gilt: Je größer und schwerer ein Molekül ist, desto schwieriger geht es in die Gasphase – und desto weniger Moleküle erreichen auch unsere Nase. Außerdem gibt es zwischen den einzelnen Molekülen unterschiedlich starke Anziehungskräfte. Starke Anziehungskräfte erschweren den Übergang in die Gasphase und können die Ursache dafür sein, dass eine chemische Verbindung olfaktorisch nicht wahrnehmbar ist. Stoffe mit sehr starken Anziehungskräften, zum Beispiel Salze wie Kochsalz (NaCl) oder Kalciumsulfat (CaSO4), dem Hauptbestandteil von Gips, riechen daher nicht.

Bei einigen Flüssigkeiten sorgen sogenannte Wasserstoffbrücken für Anziehungskräfte zwischen den Molekülen. Wasser riecht mit seinem sehr niedrigen Dampfdruck und seiner ungewöhnlich hohen Siedetemperatur von 100 Grad Celsius ebenfalls nicht. Hingegen wird Schwefelwasserstoff schon in kleinsten Konzentrationen wahrgenommen. Die Verbindung hat aufgrund fehlender Wasserstoffbrücken einen hohen Dampfdruck, der sich beispielsweise in seinem sehr niedrigen Siedepunkt von -60 Grad äußert.

Der olfaktorische Eindruck einer Verbindung – also: wie sie riecht – hängt von den Riechrezeptoren in der menschlichen Nase ab. Sie sind auf der Basis bestimmter Eiweißmoleküle aufgebaut und erkennen Riechstoffmoleküle nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Nur Moleküle, die genau in den Rezeptor in der Nase passen, docken an und lösen einen entsprechenden Geruchsreiz aus. Schon kleinste Änderungen im Riechstoffmolekül führen dazu, dass sie nicht mehr an die Rezeptoren docken können; der Stoff riecht nicht mehr.

Den Teil des Moleküls, der an die Rezeptoren andockt, nennt man smelling group. Dazu gehören beispielsweise Carbonylgruppen. Sie binden über Wasserstoffbrücken an die Geruchsrezeptoren und der jeweilige Geruchseindruck (also seine Intensität und Qualität) kommt vom Rest des Moleküls. Daher gehören die meisten Riechstoffe, die in der Parfümindustrie zur Anwendung kommen, zur Gruppe der Aldehyde oder Ketone, die eine solche Carbonylgruppe besitzen.

Insgesamt unterliegt ein angenehmer Geruchseindruck übrigens sehr stark kulturellen und individuellen Prägungen, was sich an der großen Auswahl an Parfums in jeder Drogerie erkennen lässt. Ausgenommen sind übelriechende Verbindungen, wie fast alle Amine, das sind spezielle Stickstoffverbindungen. Aufgrund ihrer Eigenschaften wirken sie destruktiv auf körpereigene Verbindungen und stellen deshalb Gifte für jeden Organismus dar.

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Wie groß ist der Weltraum? Kann man Dinosaurier zum Leben erwecken? Und wie funktioniert eigentlich unser Denken? Wohl jede und jeder von uns hat schon einmmal die kleineren und größeren Fragen des Lebens gewälzt. In unserer Rubrik »Frag Leibniz« können Sie die Forscherinnen und Forscher der Leibniz-Institute um Antwort bitten. Sie wollen es wissen? Stellen Sie hier Ihre Frage – wir leiten Sie direkt an das passende Institut weiter.

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