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Als Riffökologe und Forschungstaucher untersuche ich, wie sich die Ökologie von Korallenriffen durch den Menschen ändert, an Land und unter Wasser. An einem typischen Arbeitstag in den Tropen sitze ich mit den Ältesten eines Dorfes zusammen und erkläre, was wir quasi in ihrem Hinterhof machen und was die Dorfbewohner davon haben.

Für unser jüngstes Projekt waren wir in Ost-Indonesien. Die Riffe dort haben mich immer fasziniert, weil sie nicht so reagieren, wie wir es vorhersagen. Viele sind so überfischt oder verschmutzt, dass sie eigentlich kollabieren müssten. Wir haben untersucht, wie manche Riffe es trotzdem schaffen, unter diesen widrigen Bedingungen zu funktionieren. Unter Wasser charakterisieren wir den Lebensraum in einem bestimmten Riffabschnitt: Wie viele Steinkorallen gibt es? Wie viele Algen? Und wir identifizieren die Fische. Um deren natürliches Verhalten zu studieren, installieren wir Unterwasserkameras auf Riffen und am Meeresgrund.

Unsere Arbeit erledigen wir immer im Team. In Indonesien waren wir mit sechs Leuten unterwegs. Vier Wochen kann man das aushalten, aber wenn man länger unter Feldbedingungen aufeinander hockt und unter großem Druck im tropischen Klima Daten erzeugt, kann das schon anstrengend sein. Dafür ist es ein Privileg, fremde Länder und Kulturen zu erleben. Wir sehen wunderschöne Korallenriffe, wo andere Leute nicht mal im Urlaub hinkommen.

Wenn ich erzähle, dass ich zum Tauchen in den Tropen bin, kommen immer Sprüche wie: »Pass auf, dass du nicht vom Hai gefressen wirst.« Die wenigsten wissen, dass man kaum noch Haie sieht, weil so viele gefangen werden. Noch sind die Riffe das Ökosystem mit der höchsten marinen Biodiversität. Ökonomisch sind sie sogar eines der wertvollsten der Erde. Wenn die Erderwärmung unter zwei Grad bleibt, haben sie noch eine Chance. Das ist der globale Rahmen. Aber wir müssen auch die lokalen Stressfaktoren zurückfahren: die Überfischung, die Verschmutzung, die Küstenverbauung. Wir kämpfen an zwei Fronten.

SEBASTIAN FERSE ist Direktor des Forschungsprojekts »Future Earth Coast« am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen.

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