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Die Leibniz-Gemeinschaft wird 30 Jahre alt, doch zum Jubiläum blicken wir nicht zurück, sondern befragen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ganz am Anfang ihrer Karriere stehen. Was für ein Lebensgefühl haben sie, welche Erfahrungen machen sie als junge Forschende – und wie könnten ihre Erkenntnisse die Welt in 30 Jahren ein Stück verbessert haben? In Folge 23 antwortet Christian Ollig. Er forscht am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut zu den Themen europäisches Medienrecht, Verfassungsrecht und Rechtsvergleichung.

Weitere Beiträge aus der Rubrik 30 um die 30 gibt es hier.

LEIBNIZ Herr Ollig, wie würden Sie Ihr Forschungsthema jemandem auf einer Party erklären?

CHRISTIAN OLLIG Wenn Du etwas auf Social Media postest, gelten nicht mehr (nur noch) die Geschäftsbedingungen der Plattform, sondern eine Art »Plattformverfassung«: Deine Grundrechte im digitalen Raum werden mittlerweile durch die Europäische Union geschützt.

Und was würden Sie zu einem Kollegen oder einer Kollegin sagen?

In der Digitalwirtschaft hat die Europäische Union auf sekundärrechtlichem Wege – also ohne primärrechtliche Änderung der Charta – dafür gesorgt, dass sich Grundrechtsbeziehungen horizontalisieren: Plattformunternehmen sind inzwischen gegenüber Nutzern nach chartarechtlichen Maßstäben grundrechtsverpflichtet.

Was war bisher der schönste (oder wichtigste) Moment in Ihrem bisherigen Leben als Forscher?

Die Zusage auf meine Bewerbung am Leibniz-Institut für Medienforschung (und alle im Anschluss übertroffenen Erwartungen an diesem wunderbaren Ort).

Wie könnte Ihre Forschung die Welt in 30 Jahren ein Stückchen verbessert haben? (Sie dürfen träumen.)

Digitalwirtschaft, Zivilgesellschaft und staatliche Akteure haben gemeinsam Maßstäbe entwickelt, die unternehmerische Freiheiten am Tech-Markt mit der Garantie eines grundrechtsfreundlichen Kommunikationsumfelds in Einklang bringen.

In welcher Epoche wären Sie gerne Wissenschaftler gewesen? Oder ist heute die beste Zeit?

Heute ist die beste Zeit – nur morgen wird’s vielleicht noch besser.

Man braucht Freude an Ideen, die heute noch unrealistisch erscheinen.

CHRISTIAN OLLIG

»Ein Leben für die Wissenschaft« – könnte dies einst der Untertitel für Ihre Biografie sein? Wenn nicht: Welchen Untertitel fänden Sie passend?

Die Betitelung (ebenso wie Erstellung und Lektüre) einer Biographie zu meiner Person möchte ich gerne anderen Menschen überlassen.

Wenn Sie sich mit Menschen Ihres Alters treffen, die nicht in der Wissenschaft arbeiten: Was ist der größte Unterschied zwischen Ihnen?

Die Lust, Universitäten von innen zu sehen.

Wenn Sie sich mit älteren Forschenden Ihrer Disziplin treffen: Was ist der größte Unterschied zwischen Ihnen?

Der Umfang des geschaffenen Wissens.

Welche Eigenschaft halten Sie für die wichtigste, um Karriere in der Wissenschaft zu machen?

Die Freude an Ideen, die heute noch unrealistisch erscheinen.

Wie werden Sie als Wissenschafler in der Gesellschaft wahrgenommen?

In der Wissenschaft stellt sich nach meinem Eindruck vor allem die Frage nach dem »Ob« der Wahrnehmung. Sollte diese Frage überwunden werden: Vermutlich als großer Freund der Europäischen Union.

Wann ist ein ganz normaler Arbeitstag ein guter Tag?

Wenn sich Tunnelblick und Vogelperspektive die Waage halten.

Ein hilfreicher Snack für zwischendurch?

Skyr mit Himbeeren und Zimt.

Eine kleine Flucht aus dem (Arbeits)Alltag, die Ihnen hilft, schnell wieder aufzutanken?

Laufen um die Alster, möglichst bei Dunkelheit und Regen. Danach sind alle Sorgen verpufft.

Was hilft Ihnen, Ideen zu finden?

Gespräche zwischen Tür und Angel, die nur vermeintlich flüchtig sind, aber lange nachhallen.

Was hilft Ihnen, Ihren Fokus zu behalten?

Die Ästhetik eines Arguments.

CHRISTIAN OLLIG studierte Rechtswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Université de Cergy-Pontoise und dem College of Europe in Brügge und promovierte an der Universität Hamburg. Dort ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut. 2025 erhielt er für seine Arbeit „EU-Plattformregulierung: weltweiter Goldstandard des digitalen Grundrechtsschutzes?“ den 1. Preis des Deutschen Studienpreises der Körber-Stiftung in der Sektion Geistes- und Kulturwissenschaften.

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