Pro: Ist eine Verbrauchssteuer auf Verpackungen wirklich effektiv?
Wir müssen weg von der Wegwerfgesellschaft. Ein Umdenken im Konsumverhalten ist unvermeidlich, unsere Ressourcen sind begrenzt. Dafür ist es wichtig, dass die Politik die Weichen stellt, um Verbraucher*innen dabei zu unterstützen. Mit der Mehrwegangebotspflicht sind Gaststätten verpflichtet, Essen „to-go“ in Mehrweggeschirr anzubieten. Das geht bereits in die richtige Richtung, aber die Umsetzung hakt. Die Regelung betrifft auch nur einen sehr kleinen Anteil der Verpackungen. In vielen Bereichen sind Mehrwegbehältnisse nicht verfügbar oder deutlich teurer.
Für die grüne Wende zu mehr Recycling und weniger Ressourcenverbrauch fehlt das Geld. Eine allgemeine Besteuerung von (Einweg-)Verpackungen kann hier Abhilfe schaffen.
Allein in Deutschland sprechen wir von einem Verbrauch von 17,9 Millionen Tonnen Verpackungen im Jahr 2023, also mehr als 214 Kilogramm pro Kopf. Diese werden anschließend zum großen Teil einem Recycling zugeführt. Verpackungen sind sehr wichtig, um Produkte und Lebensmittel zu schützen, aber es gibt noch großes Einsparpotenzial. Dies kann jeder Mensch selbst bei einem Supermarktbesuch beobachten: Muss ein Plastikbeutel für Müsli extra von einem Karton umgeben sein, nur um umweltfreundlicher zu wirken?
Auf nationaler und internationaler Ebene gibt es bereits Gesetze, die den Einsatz von Verpackungen verringern sollen. In Deutschland ist dies das Verpackungsgesetz (VerpackG), auf europäischer Ebene die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (Packaging and Packaging Waste Regulation, PPWR). Gerade mit der PPWR soll in den nächsten Jahren das Recycling von Verpackungen in der EU gestärkt werden. Geplant sind beispielsweise Quoten für den Einsatz von recyceltem Material und Verpflichtungen zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen.
Zu kurz kommen bisher allerdings die Vermeidung von Verpackungen durch Mehrwegpflichten, Verbote von besonders umweltschädlichen oder unnötigen Verpackungen, beziehungsweise die finanzielle Förderung von Verpackungsvermeidung durch ökonomische Instrumente.
»Eine Verbrauchssteuer auf Verpackungen führt klar in Richtung Vermeidung.«
JOHANNES KLINGE
In Deutschland sollte eine solche Steuer greifen, wenn Verpackungen erstmals an private Endverbraucher*innen verkauft werden. Die Höhe sollte nicht nur vom Materialgewicht, sondern auch vom ökologischen Fußabdruck abhängen. Für recyclingfähige Verpackungen könnte es Steuervorteile geben. Dadurch wird zum Beispiel vermieden, dass die Industrie Verbundverpackungen produziert, die zwar leichter, aber nicht recyclingfähig sind. Die Inverkehrbringer können die Steuer an die privaten Endkund*innen weiterreichen. Dadurch verteuern sich Produkte mit ökologisch unvorteilhaften Verpackungen. Gerade Einwegverpackungen aus Glas oder Aluminium haben eine sehr schlechte Ökobilanz und Produkte in solchen Verpackungen könnten für Verbraucher*innen und Unternehmen unattraktiver als Mehrwegverpackungen oder recycelbare Kunststoffverpackungen werden. Dadurch, dass Mehrwegverpackungen nur beim ersten Inverkehrbringen besteuert werden, sind sie bei hohen Umlaufzahlen besonders wirtschaftlich, was für die ökologische Vorteilhaftigkeit von Mehrwegverpackungen entscheidend ist.
Seit ein paar Jahren gibt es in der EU die sogenannte Plastiksteuer auf nicht-recycelten Verpackungsabfall aus Kunststoff: Länder, die weniger recyclen, zahlen mehr. Den Bundeshaushalt belastet die Plastiksteuer mit jährlich rund 1,2 Milliarden Euro. Zusätzlich wird u.a. vom BNW - Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. gefordert, recyceltes Kunststoffmaterial finanziell zu fördern. Dies ist angesichts der Haushaltslage illusorisch. Eine Verpackungssteuer allerdings könnte die Plastikabgabe gegenfinanzieren und das Kunststoffrecycling zusätzlich direkt oder indirekt unterstützen.
Bei all dem gilt: Das Verpackungsproblem kann mit diesem Instrument nur gelöst werden, wenn die Verbraucher*innen mitmachen.
Wie effizient eine Verpackungssteuer ist, hängt von ihrer Höhe ab: Je höher die Steuer, desto größer die Preisunterschiede zwischen den Endprodukten und desto stärker ihre Wirkung auf die Kaufentscheidung der Kund*innen. Flankierende Maßnahmen sind an dieser Stelle allerdings sehr wichtig. Die Verbraucher*innen sollten frühzeitig über Zweck und Ziel der Steuer informiert werden. Sie dürfen nicht den Eindruck bekommen, dass sie mit höheren Kosten bestraft werden.

Gerade in preissensitiven Bereichen, wie etwa im Niedrigpreissegment beim Discounter, wird es den Inverkehrbringern schwerfallen, die Steuer an die Endkund*innen weiterzugeben, da dies einen Wettbewerbsnachteil darstellten kann. In diesen Produktkategorien erhöhen sich also zunächst ihre eigenen Kosten, weshalb sie versuchen werden, die Verpackungsmengen zu reduzieren oder das Material zu ändern. Dies kommt wiederum Personen mit niedrigem Einkommen zugute. In jedem Fall muss bei der Einführung einer Verpackungssteuer mit sozialen Ausgleichsmaßnahmen gegengesteuert werden, etwa mit einer Mehrwertsteuerreduktion oder gar ‑befreiung auf pflanzliche Lebensmittel. Sonst kann diese ökologisch sinnvolle Maßnahme dazu führen, dass Menschen mit niedrigem Einkommen prozentual am stärksten belastet werden.
Mein Fazit: Wir sollten uns auf die Vermeidung von Verpackungen konzentrieren, zum Beispiel durch Mehrweg mit hohen Umlaufzahlen, bevor wir die Verbesserung der Recyclingquoten angehen. Denn je weniger Ressourcen verwendet werden, umso besser. Das Recycling ist erst dann eine Lösung, wenn wir im Sinne der Kreislaufführung denken. Eine Verbrauchsteuer auf Verpackungen hat eine so klare Lenkungswirkung in Richtung Vermeidung wie nur wenige andere ökonomische Maßnahmen. Sie muss allerdings klug gestaltet und von sozialen Gegenmaßnahmen begleitet sein, damit sie ihre Ziele erreicht. Neben der Förderung der Recyclingfähigkeit könnte der Gesetzgeber in Zukunft über eine Senkung der Verpackungssteuer für recyceltes Material nachdenken, um das Recycling weiter zu stärken. Eine derartige Steuer auf Ressourcen schafft finanzielle Freiräume für Investitionen in die grüne Wende und entlastet Bürger*innen an anderer Stelle.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie in diesem Bericht, den Johannes Klinge, Michael Rothgang und weitere Forschende für das Umweltbundesamt erstellt haben.